Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 20, Nein: 0

In der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses am 29.11.2019 sowie in der Sitzung des Marktgemeinderats am 11.12.2019 wurde mit Beschluss das Vergabeverfahren zum Verkauf der Bauplätze des Baugebiets „Nördlich der Rüderner Straße“ festgelegt.

 

In Vorbereitung des bestehenden Verkaufs der Grundstücke wurde die Vorgehensweise nochmals mit dem Bayerischen Gemeindetag abgestimmt. Der Bayerische Gemeindetag hat den Hinweis gegeben, dass das Verfahren möglicherweise gegen EU-Richtlinien sowie gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung Art. 3 GG verstößt und daher das Vergabeverfahren anfechtbar wäre.

 

Die Vergabe von Bauland hat seitens der Gemeinde unter pflichtgemäßer Ermessensausübung nach Art. 40 BayVvVfG (Bayer. Verwaltungs- und Verfahrensgesetz) zu erfolgen und dabei sind die Grundsätze der Gleichbehandlung gemäß Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes, der Transparenz, der Diskriminierungsfreiheit sowie der Bestimmtheit zu beachten. Um das Ermessen zu konkretisieren, wird der Gemeinde empfohlen, Vergaberichtlinien bzw. ein Vergabeverfahren aufzustellen. Hierbei sind Kriterien zu wählen, die von der Rechtsordnung gebilligt werden.

 

Das Europäische Gerichtshof hat in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen vier bayerische Gemeinden geurteilt, dass die europäischen Grundfreiheiten (hier: Niederlassungsfreiheit und Kapitalverkehrsfreiheit) grundsätzlich durch ein Vergabeverfahren beschränkt werden können, aber diese Beschränkung unter sozioökonomischen Aspekten zu erfolgen hat.

 

Das beschlossene Vergabeverfahren steht dahingehend nicht im Einklang mit den EU-Grundfreiheiten bzw. Art. 3 GG, da nur die Bewerber teilnehmen können, die sich in der Interessentenlisten eingetragen haben. Um eine diskriminierungsfreie, transparente Vergabe zu erreichen, die zudem die Grundsätze der Gleichbehandlung und Bestimmtheit beachtet, muss es eine öffentliche Bekanntmachung und eine Bewerbungsfrist geben. Jeder muss die Möglichkeit haben, sich auf einen Bauplatz bewerben zu können.

 

Die Auswahlentscheidung der Bewerber kann durch ein Losverfahren erfolgen. Das heißt, aus allen eingegangenen Bewerbungen werden die 31 zum Verkauf stehenden Bauplätze verlost.

 

Eine weitere Möglichkeit wäre die Abgabe der Bewerbung zu einem bestimmten Stichtag im Rathaus. Hier entscheidet der zeitliche Eingang des Bewerberbogens.

 

Alternativ wäre zudem die Festlegung von Vergabekriterien für die Bauplätze.

 

Die Auswahlentscheidung der Bewerber kann nach Ortsbezugskriterien und Sozialkriterien erfolgen. Dabei können für folgende Kriterien Punkte vergeben werden:

 

Ortsbezugskriterien

Sozialkriterien

  • Wohnsitz
  • Vermögen
  • Arbeitsstelle/Gewerbe in der Gemeinde
  • Einkommen
  • Ausübung eines Ehrenamtes
  • Familienstand

 

  • Zahl der im Haushalt lebenden Kinder

 

  • Alter der Bewerber

 

  • Pflege naher Angehörigen

 

  • Schwerbehinderung

 

  • Wartezeit auf einen Bauplatz

max. 50 Prozent der Gesamtpunktzahl eines fiktiven Bewerbers

 

 

 

Im Vorfeld der Erstellung gemeindlicher Baulandvergaberichtlinien steht die Überlegung, welche städtebauliche und wohnungspolitische Zielsetzung eine Gemeinde mit ihrem Programm verbinden möchte. Diese Zielsetzung ist in der Präambel festzulegen.

Über die Steuerung, welchen Grad an Ortsverbundenheit eine Zielgruppe aufweisen soll, ob vorwiegend junge Familien, auch Alleinstehende mit vielen oder weniger Kindern zum Zuge kommen sollen, obliegt dem Kerngehalt der kommunalen Selbstverwaltung der Gemeinde.

 

Bei der Ausgestaltung der Ortsbezugskriterien hat die Gemeinde vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Es können Punkte für die Dauer des Erstwohnsitzes in der Gemeinde und/oder seit Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eines Gewerbes in der Gemeinde vergeben werden. Dabei ist es möglich, auch frühere Wohnzeiten in der Gemeinde zu berücksichtigen (Heimkehrer-Klausel). Im Rahmen der Zeitdauer kann die Ausübung eines Ehrenamtes berücksichtigt werden. Die höchste zu erreichende Punktzahl ist in der Regel bei einer Zeitdauer von max. 5 Jahren erreicht. Eine ansteigende Bepunktung ist ebenfalls denkbar.

 

Bei den Sozialkriterien können zum Beispiel Festlegungen zur Bepunktung von Ehe, eingetragenen Lebensgemeinschaften, eheähnlichen Gemeinschaften getroffen werden. Bei den Kindern sollte eine Maximalpunktzahl, z. B. bei 3 Kindern, bestimmt werden, um ein Verhältnis zwischen Ortsbezugs- und Sozialkriterien herstellen zu können. Es besteht auch die Möglichkeit, eine Differenzierung nach Lebensalter vorzunehmen, da eine höhere Bedürftigkeit bei jüngeren Kindern vorliegt, die noch für einen längeren Zeitraum im Haushalt leben. Im Gestaltungsermessen liegt es auch, ärztlich nachgewiesene Schwangerschaften positiv zu berücksichtigen.

Desweiteren kann eine Behinderung oder ein Pflegegrad eines Antragstellers oder eines zum Haushalt zugehörigen Familienmitgliedes bepunktet werden. Dies ist entsprechend nachzuweisen. Es kann bei der Bepunktung zwischen dem Behinderungsgrad und dem Pflegegrad differenziert werden oder eine bestimmte Punktzahl bei Vorliegen einer Behinderung oder eines Pflegegrades pauschal vergeben werden.

 

Wichtig ist auch, eine Regelung bei Punktgleichheit vorab festzulegen. Denkbar ist hier z. B. dass der Bewerber/die Bewerberin den Vorzug erhält, welche/r die größere Anzahl der Haushaltsangehörigen minderjährigen Kinder vorweist, oder man legt fest, dass bei Punktgleichheit das Los entscheidet.

 

Eine pauschale „Härtefallklausel“, mit denen sich gemeindliche Gremien eine Einzelfallentscheidung vorbehalten, ist mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht vereinbar.

 

Durch die Festlegung eines Förderzwecks ist die Gemeinde auch darangehalten, die Erfüllung des Förderzwecks über einen gewissen Zeitraum zu fordern und zu überwachen. Der Sicherungszeitraum muss dabei in angemessenem Verhältnis zur Vergünstigung stehen.

 

Als Sicherungsinstrumente haben sich ferner etabliert:

·         die Vereinbarung einer Bauverpflichtung,

·         eine Eigennutzungsverpflichtung und

·         ein Wiederkaufsrecht.

 

 

Seitens der Verwaltung wird die Vergabe nach Vergabekriterien bevorzugt. Nach der Punktematrix in den Vergaberichtlinien erhalten die Bewerber Punkte. Hier wird der Vorteil gesehen, dass über die Festlegung der Förderziele und der entsprechenden Punktematrix eine Steuerung möglich ist, welche Personengruppen bei der Vergabe der Bauplätze vorrangig berücksichtigt wird (z. B. Einheimische, junge Familien usw.). Desweiteren ist dieses Verfahren in der Praxis am besten umsetzbar und das Verfahren ist dem bisher festgelegten Verfahren am ähnlichsten.

 


Beschlussvorschlag:

Der Marktgemeinderat beauftragt die Verwaltung, Richtlinien für die Vergabe von Bauplätzen des Marktes Dietenhofen zu erarbeiten und dem Verwaltungs- und Finanzausschuss zur Vorberatung vorzulegen.