Beschluss: einstimmig beschlossen

Abstimmung: Ja: 19, Nein: 0

Bisherige Rechtslage bis 31.12.2016

 

Unternehmensbegriff bei juristischen Personen öffentlichen Rechts nach § 2 Abs. 3 UStG:

„Die juristische Person des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftssteuergesetzes) und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig.“

 

D.h. die juristischen Personen öffentlichen Rechts erfüllen den Unternehmerbegriff –nach dem bisherigen nationalen Gesetzeswortlaut- nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (§2 Abs. 3 UStG). Bei einem BgA handelt es sich dabei nicht um eine Organisationsform, sondern lediglich um eine steuerliche Fiktion. Ein BgA kann daher i.d.R. nicht gegründet werden. Er liegt automatisch vor, wenn die Voraussetzungen des § 4 KStG erfüllt sind.

 

Mit BGBl 2015 S. 1834 vom 05.11.2015 wurde das Steueränderungsgesetz 2015 vom 02.11.2015 veröffentlicht. Darin enthalten ist die Änderung, das § 2 Abs. 3 UStG –formell zum 01.01.2016- aufgehoben wird. Dieser jedoch durch eine Regelung in § 27 Abs. 22 Satz 1 UStG im Kalenderjahr 2016 weiterhin anwendbar bleibt.

 

 

 

Ab 1. Januar 2017 tritt jedoch der neue § 2b UStG in Kraft.

 

Durch die Aufhebung des § 2 Abs. 3 UStG entfällt die Bezugnahme der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand auf das Bestehen eines Betriebs gewerblicher Art nach § 4 KStG. (=Abkoppelung der Umsatzsteuer von der Körperschaftssteuer).

Damit unterliegt die öffentliche Hand nach den allgemeinen Regelungen des § 2 Abs. 1 UStG der Umsatzsteuer. § 2b UStG regelt die Ausnahmen von der Unternehmereigenschaft der jPöR.

 

„Gemäß § 2b Abs. 1 gelten vorbehaltlich des Absatzes 4 juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer im Sinne des § 2, soweit sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Satz 1 gilt nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.“

 

Die Unternehmereigenschaft von jPöR wird nach dem Wegfall des § 2 Abs. 3 UStG –wie bei jeder anderen natürlichen oder juristischen Person grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 UStG bestimmt.

§ 2 b UStG befreit jPöR lediglich bei bestimmten Tätigkeiten im Rahmen der Ausübung öffentlicher Gewalt.

Das bedeutet, dass Einnahmen aus privatrechtlichen Tätigkeiten (§2 Abs. 1 UStG) wie z.B.:

·         Vermögensverwaltende Tätigkeiten, wie z.B. Vermietung und Verpachtung von Grundstücken,

·         Konzessionsverträge z.B. mit Energieversorgern,

·         Werbeverträge, Sponsoring

regelmäßig (ab dem 1. €) unter die Anwendung des Umsatzsteuergesetzes fallen.

Künftig wären diese umsatzsteuerlich zu erfassen mit 7% oder 19% soweit die Tätigkeit nicht steuerfrei nach § 4 UStG wäre.

 

·           Keine Wettbewerbsverzerrung liegt bei Einnahmen/Tätigkeiten, die von Privaten nicht erzielt/ausgeführt werden können vor (insb. hoheitliche, den jPöR vorbehaltenen (Pflicht-) Aufgaben (z.B. Abwasser, Abfallentsorgung, Ausstellung von Personalausweisen, Führerscheinen, etc.).

·           Auch liegt keine Wettbewerbsverzerrung vor bei Einnahmen < 17.500 € aus gleichartigen Tätigkeiten.

·           Weiter liegt keine Wettbewerbsverzerrung vor bei Einnahmen, für die eine (zwingende) Steuerbefreiung nach § 4 UStG greift (§ 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG).

 

§ 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG i.V.m. § 4 UStG kennt dabei eine Vielzahl von Steuerbefreiungstatbeständen. Jedoch sind künftig folgende Tätigkeiten nach § 2b Abs. 1 UStG, welche im Rahmen der öffentlichen Aufgaben (Gewalt) gegenüber dem Bürger erfolgen, zu erfassen:

·         Leistungen an natürliche Personen, jur. Personen des Privatrechts, Personengesellschaften

·         Entgelt auf öffentlich rechtlicher Grundlage, wenn wettbewerbsrelevante Tätigkeit

·         Tätigkeit ist grundsätzlich auch durch privaten Unternehmer möglich

·         Umsätze aus gleichartigen Tätigkeiten > 17.500 €

·         Tätigkeit ist nicht nach § 4 UStG zwingend steuerfrei

·         bisher nicht im Rahmen eines BgA erfasst

 

Darüber hinaus wird auf die Regelungen des § 2b Abs. 3 UStG verwiesen:

 

(3) Sofern eine Leistung an eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts ausgeführt wird, liegen größere Wettbewerbsverzerrungen insbesondere nicht vor, wenn

1. die Leistungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden dürfen oder

2. die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen bestimmt wird. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn

a) die Leistungen auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen beruhen,

b) die Leistungen dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe dienen,

c) die Leistungen ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht werden und

d) der Leistende gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts erbringt.

 

Hier handelt es sich um sog. „Beistandsleistungen“.

 

Als Anwendungs- bzw. Übergangsregelung zu den Änderungen des Umsatzsteuergesetzes wurde dem § 27 folgender Abs. 22 angefügt:

 

„(22) § 2 Abs. 3 in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung ist auf Umsätze, die nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 1. Januar 2017 ausgeführt werden, weiterhin anzuwenden. § 2b in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist auf die Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 ausgeführt werden.“

 

Die jPöR kann dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie § 2 Abs. 3 in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführten Leistungen weiterhin anwendet. Eine Beschränkung der Erklärung auf einzelne Tätigkeitsbereich oder Leistungen ist nicht zulässig. Die Erklärung ist bis zum 31. Dezember 2016 abzugeben. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres an widerrufen werden.

 

Diese Optionsregelung ist an folgende Bedingungen geknüpft:

·         nur einheitlich für alle Tätigkeiten (keine Begrenzung/Beschränkung auf einzelne Organisationseinheiten – auch wenn wirtschaftlich selbständig – z.B. Eigenbetrieb)

·         Abgabe durch gesetzlichen Vertreter

·         Keine spezielle Form

·         Widerruf mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden Kalenderjahres möglich

·         Bei Widerruf keine neue Optionserklärung möglich

·         Neu gegründete jPöR kann nicht optieren

·         Ausschlussfrist 31.12.2016 – damit akuter Handlungsbedarf bis Dezember 2016 für die Prüfung, ob die Option zur Beibehaltung der Altregelung genutzt werden soll

o  grundsätzlich Ratsentscheidung

 

Bei optionaler/vorgezogener Anwendung der neuen Rechtslage wären die Auswirkungen auf die Gesamttätigkeit sorgfältig zu prüfen.

Die Nutzung der Optionsmöglichkeit (Altregelung) ist jedoch nach § 27 Abs. 22 UStG (voraussichtlich) schon aus Zeitgründen zur Bewältigung des administrativen Aufwands erforderlich:

·         Zur Identifizierung der betroffenen Einnahmen

·         Regelung des (anteiligen) Vorsteuerabzugs

·         Einrichtung/Anpassung der IT-gestützten Datenerfassung

 

Soweit der Marktgemeinderat den Beschlussvorschlag zum Beschluss erhebt wird die Verwaltung an das Finanzamt Ansbach folgendes Schreiben bis zum 31.12.2016 übermitteln:

 

Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand

Antrag nach § 27 Abs. 22 UStG

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

im Rahmen der Umsetzung der Neuregelung der Umsatzbesteuerung für juristische Personen des öffentlichen Rechts nutzt der Markt Dietenhofen das Optionsrecht gem. § 27 Abs. 22 Satz 3 UStG. Danach erklärt der Markt Dietenhofen dem Finanzamt gegenüber einmalig, dass sie § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31.12.2016 und vor dem 01.01.2021 ausgeführten Leistungen weiterhin anwendet.

 

Es ist uns bewusst, dass eine Beschränkung der Erklärung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen nicht zulässig ist (§ 27 Abs. 22 S. 4 UStG)

 

(Zusammenfassung aus dem Skript der BVS „Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht für die öffentliche Hand ab dem 01.01.2017“ von Franz Käsbohrer vom 27.10.2016)

 

 


Beschlussvorschlag:

Die Verwaltung wird beauftragt

1.1.        das Optionsrecht gem. § 27 Abs. 22 Satz 3 UStG gegenüber dem      Finanzamt Ansbach in Anspruch zu nehmen.

1.2.        alle Leistungen des Marktes Dietenhofen und ggf. die diesen zugrundeliegenden vertraglichen Regelungen auf ihre künftige umsatzsteuerliche Relevanz zu überprüfen (Leistungs- und Vertragsprüfung)

1.3.        angesichts der erheblichen Auswirkungen auf die gesamte Verwaltung eine organisatorische und stellenplanmäßige Untersuchung durchzuführen

1.4.        um die notwendige fachliche Unterstützung der Verwaltung zu garantieren, einen Steuerberater für die Aufgabenbewältigung hinzuziehen zu können.